die neue sicht der dinge

Er ist der schnellste Jäger im Korallenriff, bewaffnet mit tödlichen Zähnen: der Barracuda. Bei seinen Angriffen beschleunigt er schneller als ein Formel-1-Bolide. Wenn also ein solcher Kerl zusammen mit einer Seebarbe im selben Auquarium herumschwimmt, wird das Badevergnügen der Seebarbe von beschränkter Dauer sein. Normalerweise.
In einer Art "Fischdoppelhaus" wurde ein Barracuda in ein spezielles Aquarium gesetzt. Von der Seebarbe, die nun auch eingesetzt wurde, trennte unseren Barracuda eine für ihn unbekannte Barriere: eine Glasscheibe.
Während also nun die Seebarbe einsam und gelangweilt erstaunlich lange ihre einsamen Runden drehen durfte, ging der Barracuda wieder und wieder wie ein geölter Blitz auf die Barbe los. Seine Bemühungen blieben ohne Erfolg. Statt dessen holte er sich eine "blutige Nase". Das war sein Lerneffekt: Wenn man auf eine Seebarbe losgeht, holt man sich eine blutige Nase.

Beide Tiere wurden herausgenommen und die Glasscheibe von den Forschern entfernt. Die Tiere wurden wieder eingesetzt. Es kam nicht zum Blutrausch und Gemetzel. Nein, der Barracuda und die Seebarbe drehten nebeneinander ihre Runden. Der Barracuda hatte gelernt: Wenn man auf eine Seebarbe losgeht, holt man sich eine blutige Nase.

 

(aus: Andreas Müller, "Wenn nicht ich...", hep-Verlag)